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Zeitreise – Stromversorgung ab 1912

Im Jahre 1912 schließlich nimmt die Stromversorgung der Gemeinde Pachten in den Diskussionen des Pachtener Gemeinderates konkrete Formen an. Über die Art und Weise des Strombezuges ist man sich schon am 29. März 1912 einig: „Der Gemeinderat beschließt, wegen der Elektrizitätsversorgung mit dem Kreise einen Vertrag nicht abzuschließen, weil die Versorgung von der Gemeinde Dillingen aus für die Gemeinde Pachten günstiger ist.“

Durch einen Vertrag vom 28./30. Dezember 1912 übernahm die Gemeinde Dillingen nicht nur die Stromlieferung an die Gemeinde Pachten, sondern auch die Herstellung des erforderlichen Leitungsnetzes. Die Kosten beliefen sich auf 48.341,10 Mark. Diese Neuanlage, die im Frühjahr 1913 405 Hausanschlüsse aufwies, sollte sich in 10 Rechnungsjahren amortisiert haben. An das Leitungsnetz der beiden Gemeinden waren nunmehr 1.061 Lichtstrom- und 64 Kraftstromzähler angeschlossen, eine in der Tat imposante Zahl, wenn man bedenkt, dass im Jahre 1902 lediglich 120 Licht- und 6 Kraftanschlüsse vorhanden waren. Diese Zahl hatte sich bis 1913 fast verzehnfacht.

Welche Anstrengungen diesbezüglich gerade in den letzten beiden Jahren unternommen wurden, unterstreichen die Zahlen aus dem Jahr 1911: es gab 429 Licht- und Kraftanschlüsse. 1913 sind – nicht zuletzt durch die Stromversorgung Pachtens – mehr als doppelt so viele Abnehmer an das Netz angeschlossen.

Die unvermeidbare Konsequenz dieser drastischen Erhöhung der Abnehmerzahl war die Überlastung des Ortsverteilernetzes. Die Zufuhrleitung von der Hütte aus und die Verteilungsleitung waren den Anforderungen in den Abendstunden nicht mehr gewachsen, so dass es zu erheblichen Spannungsverlusten und Schwankungen kam. Den Vertretern der Gemeinde war klar, dass dieser Zustand auf die Dauer nicht tragbar war und man machte sich Gedanken um die künftige Regelung der Elektrizitätsversorgung. Man kam überein, dass es am zweckmäßigsten sein dürfte, den Strom von der Hütte hochgespannt zu beziehen, ihn dann in einer eigenen Anlage umzuformen und so den Speisepunkten zuzuführen. Auf diese Weise konnten die Stromverluste, die beim Transport von niedergespanntem Gleichstrom ganz erheblich sind, in Grenzen gehalten werden; ferner konnte man so dem Problem der Überlastung wirkungsvoll entgegentreten.

Wenn auch der dadurch notwendig gewordene Bau und Betrieb einer eigenen Transformatorenstation enorme Kosten erforderte, so glaubte man doch, dass die zu erwartende Besserung der Elektrizitätsversorgung diese Investitionen rechtfertigen würden. Hinzu kam die Tatsache, dass die Kilowattstunde hochgespannten Drehstroms erheblich billiger war als sie Kilowattstunde niedergespannten Gleichstroms; diesen konnte man mit einer eigenen Transformatorenstation selbst herstellen und dadurch Gelder einsparen.

Als geeigneter Standort der Station kam das gemeineigene Grundstück in der Herrenstraße neben der Schule in Frage. Man konnte sich allerdings nicht dazu durchringen, das Grundstück zu diesem Zweck zu verwenden, da man es seiner günstigen Lage wegen für zu wertvoll erachtete. Man fasste daher den Lagerplatz des Unternehmens Witt hinter dem Hotel Schmitt ins Auge, der dem zugleich auch als Bahnhof für die Straßenreinigung und als Depot für Geräte und Materialien dienen könnte. Folgendes können wir dem Protokoll der diese Angelegenheit betreffenden Gemeinderatssitzung entnehmen.

„Den Lagerplatz in Größe von 31,76 ar mit aufgehenden Gebäuden will Witt gegen Austausch eines gleichgroßen Grundstücks in der Verlängerung der Göbenstraße über die Heiligenbergstraße hinaus überlassen. Dafür aber, dass der Platz kanalisiert, eingefriedet, durch Auffüllung und Befestigung direkt gebrauchsfertig ist, auch die vorhandenen massiven Anlagen überlassen werden, verlangt er weitere 20.000 Mark. Er ist aber bereit, wenn ihm der Neubau der Umformstation übertragen wird, das ganze Anwesen, also einschließlich der Gebäude zum Betrage von 41.89040 Mark zu überlassen.

Der Gemeinderat war lediglich bereit, das Grundstück gegen den Eintausch des gleichgroßen Geländes an der Göbenstraße zuzüglich 15.000 Mark zu erwerben. An diesem Geschäft war Witt wohl nicht mehr interessiert, dass es, wie aus den Akten zu ersehen ist, zu dem Erwerb dieses Grundstücks nicht kam.

Die Dillinger Hütte stand dem Vorhaben der Gemeinde, hochgespannten Drehstrom zu beziehen, äußerst positiv gegenüber und bot der Gemeinde schon im März 1914 an, hochgespannten Strom zu 6 Pfg/kWh statt des jetzt bezogenen Gleichstroms zu 12 Pfg/kWh zu liefern. Die hierzu erforderlichen Voraussetzungen von Seiten der Gemeinde waren zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht erfüllt. Es fehlte vor allem die unbedingt notwendige elektrische Unterstation (Transformatorenstation). Man entschied sich nun doch für den Standort „Herrenstraße“ unter Berücksichtigung, dass für die an diesem Standort geplanten Bauvorhaben, wie Schwimmhalle, Bibliothek und Markthalle noch genügend Raum bleibe. An Baukosten für die Unterstation wurden 19.000 Mark veranschlagt.

Wenige Monate später wurden bei der Firma Bergmann & Co. Drei Transformatoren mit einer Leistung von zusammen 300 kW zu einem Preis von18.021 Mark bestellt. Die Lieferung des für die Zuleitung hochgespannten Stromes erforderlichen Kabels wurde ebenfalls der Firma Bergmann übertragen. Der Preis für 1 km Kabel, 10.000 Volt Betriebsspannung (3 x 16 qmm), betrug 4.825 Mark. Benötigt wurden 4,5 km, was Kosten in einer Höhe von 21.712,50 Mark verursachte.

Trotz des großen Engagements seitens der Gemeinde, den Bezug hochgespannten Stromes schnellstens zu ermöglichen, lähmte der plötzliche Ausbruch des 1. Weltkrieges im August 1914 diese Aktivitäten ganz erheblich. Mit Fortdauer des Krieges im August 1914 erwies sich die Beschaffung der erforderlichen Materialien als immer schwieriger, da vor allem Metallteile vorzugsweise in der Kriegsindustrie Verwendung fanden. Schwerwiegende Folgen hatte dieser Umstand für den Bau der Unterstation, der völlig ins Stocken geriet. Dennoch kam es im März 1916 zum Anschluss eines neuen Stromlieferungsvertrages mit der Dillinger Hütte. Es handelte sich um den Bezug von Drehstrom von 5.000 bis 5.250 Volt, der in der Unterstation der Gemeinde in Gleichstrom umgeformt werden sollte. Der Preis belief sich auf 6 Pfg. pro kWh.

Obwohl die Unterstation nicht fertiggestellt war und an eine baldige Fertigstellung derselben zu diesem Zeitpunkt gar nicht zu denken war, wurde der neue Vertrag abgeschlossen, da man davon ausging, mit den angeschafften Transformatoren vorläufig im Erdgeschoss des Steigerturms den Betrieb aufnehmen zu können. Der Steigerturm befand sich an der Stelle des heutigen Odilienbrunnens vor dem Hause Avril, jetzt Saar Bank.

Glücklicherweise besitzen wir einen Entwurf dieses Vertrages, der schon seiner wertvollen Details wegen eine genauere Betrachtung verdient.

(Quelle: Chronik der Stadtwerke Dillingen/Saar GmbH, 1993)