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Zeitreise: Beginn der Stromversorgung der Gemeinde Dillingen (1902)

Es vergehen noch einmal 6 Monate, bis der Gemeinderat nach eingehender Prüfung der für die Regelung der Angelegenheit eingesetzten Kommission dem ersten Stromlieferungsvertrag seine Zustimmung gibt. Es verdient sicherlich einer genaueren Betrachtung, unter welchen Umständen dieser Vertrag zustande kam.

Auf den Vorschlag der Dillinger Hütte hin erklärte sich die Gemeinde zu einem Tausch von Ländereien bereit. Es handelte sich hierbei um die Gemeindelandparzelle Flur 7 No. 401/1, der sog. „Pfarrgarten“ an der Provinzialstraße, 46,9 Ar groß. (heute: westl. der Saarlouiser Straße vor der Primsbrücke). Die Hütte bot eine gleich große Parzelle im Distrikt „auf der Ath“ zwischen Provinzialstraße und Bahnhof an.

Als Gegenleistung für diesen Tausch war die Hütte gewillt, der Gemeinde elektrischen Strom zu Beleuchtungszwecken für 15 Pfg. pro Kilowattstunde und Wasser aus der ihr eigenen Wasserleitung für 9 Pfg. pro Kubikmeter abzugeben.

Im Verwaltungsbericht von 1897 bis 1903/04 äußert sich Bürgermeister Schuh über die Vertragsdauer bzgl. der Stromabgabe folgendermaßen: „Die Zeitdauer für die Abgabe des elektrischen Lichtes ist auf fünf feste Jahre festgesetzt worden. Nach Ablauf dieser Frist steht jedem Teil einundeinhalbjährliche Kündigung offen.“

Durch die Genehmigung dieses Vertrages war der erste Schritt in Richtung einer selbstständigen zentralen Strom- und Wasserversorgung getan; die Geburtsstunde der heutigen Stadtwerke fällt daher auf den 29. Juli 1902, dem Tag, an dem die Vertreter der Gemeinde zu diesem großen Projekt ihre Zustimmung gegeben haben.

Sicherlich steht außer Frage, dass die Aktiengesellschaft der Dillinger Hütte entscheidenden Anteil am Zustandekommen dieses Projektes hatte, denn ohne das großzügige Entgegenkommen, was Lieferung und Preis angeht, wäre die zentrale Versorgung mit elektrischem Licht und Wasser für die Gemeinde aus finanziellen Gründen zu diesem frühen Zeitpunkt nicht tragbar gewesen. Hingegen muss auch festgehalten werden, dass sich die Gemeinde durch diese Entscheidung der Hütte auf Gedeih und Verderb auslieferte; denn wer wusste damals schon, für welchen Zeitraum Strom- und Wasserlieferungen in welcher Menge und zu welchem Preis gesichert waren.

Weitere Nahrung fanden diese Bedenken in der Tatsache, dass sich die Unterzeichnung des Tauschvertrages und der Verträge über die Abgabe von elektrischem Strom und Wasser noch einige Jahre verzögerte, da die zu tauschenden Ländereien neu vermessen werden mussten.

Die Hütte erwies sich allerdings als zuverlässiger Partner; sodass die Strom- und Wasserlieferungen schon im Jahre der Vertragsgenehmigungen zu den festgelegten Konditionen erfolgte.

Die Dillinger Hütte wurde nicht, wie man annehmen könnte, von einem stromerzeugenden Unternehmen mit elektrischer Energie versorgt, sie stellte den eigens benötigten und der Gemeinde zur Verfügung gestellten Strom selbst her. Gerade die großen Eisen- und Stahlwerke waren für die Eigenerzeugung von Elektrizität prädestiniert, da es auf der Hand lag, die im Produktionsablauf anfallenden Menge von Dampf oder Gas in elektrische Energie umzuwandeln. Schon im Jahre 1897 richteten die Dillinger Hüttenwerke das erste Feinblechwalzwerk des europäischen Kontinents mit elektrischem Antrieb ein.

„Elektrischer Strom wurde bis 1905 in vier Zentralen produziert, in denen kleinere Dampfmaschinen acht Gleichstromdynamos von zusammen 1.530 kW antrieben, wobei die Spannung einheitlich 300 V betrug.“

228 Elektromotoren mit einer Gesamtleistung von rund 4.500 PS sowie 312 Bogenlampen und 3.600 Glühlampen zur Beleuchtung des Werkes wurden mit der erzeugten Energie gespeist. Als einziges Hüttenwerk an der Saar übernahm die Dillinger Hütte die Stromversorgung der anliegenden Gemeinden. Das begann 1897 mit der Straßenbeleuchtung und im August 1902 mit der Versorgung der Privathaushalten. Von 1905 an erzeugte die Dillinger Hütte Drehstrom von 5.000 Volt.

Schon einen Monat nach der ersten Stromlieferung für Privatabnehmern, ab 01. September 1902, setzte die Gemeindevertretung mit 7 gegen 6 Stimmen den Abnehmerpreis für elektrische Energie auf 36 Pf. Pro Kilowattstunde fest; ein stattlicher Preis, wenn man sich die Lebensmittelpreise um das Jahr 1900 vor Augen hält:

  • 1 kg Weizenmehl                    0,34 Mark
  • 1 kg Butter                             2,00 Mark
  • 1 kg Schweinefleisch              1,50 Mark
  • 1 kg Kaffee                             3,00 Mark

Das mittlere Jahreseinkommen eines Dillinger Hüttenarbeiters betrug zu dieser Zeit 916 Mark.

Die Arbeiten für die Erstellung der elektrischen Leitung wurden an die Firma Lahnmeyer A.g. in Frankfurt zu einem Preis von 27.800 Mark vergeben. Die gleiche Gesellschaft erhielt den Auftrag, 120 Hausanschlüsse zu einem Preis von 3.600 Mark herzustellen.

Schon bald wurde darauf aufmerksam gemacht, dass es unbedingt notwendig sei, künftig einen „Aufseher“ für die elektrischen Beleuchtungsanlagen anzustellen. Der Aufseher habe folgende Aufgaben zu übernehmen:

  • Ein- und Ausschalten sämtlicher Lampen von der Schule aus
  • Zählerablesung
  • Führung der Bücher
  • Erstellung von Rechnungen und Aufsicht über die Hausinstallationen;
  • außerdem war diese Person für die Wartung der Wasserleitung verantwortlich.

 

(Quelle: Chronik der Stadtwerke Dillingen/Saar GmbH, 1993)